Tessin im Regen

Birkhahn auf Lerche

Tessin im Regen

Wer seinen Klassiker kennt wird verstehen warum ich grinsend an das Gedicht von P.N Van Eyck, de Tuinman en de dood/ der Gärtner und der Tod denken muss bei dieser Geschichte. Du kannst dein Los nicht entfliehen, hat Karma Regen für dich parat, wirst du im Regen laufen. Basta.

Letztes Jahr war es egal wann wer Ferien hatte, jede hatte einfach Regenwetter. Eigentlich kann ich gut damit leben, denn es gibt ja bekanntlich kein schlechtes Wetter oder schlechte Kleider nur schlechte Laune. Und doch… als ich ende Jahr noch mal eine Woche “Altersferien” hatte dachte ich mir: Komm, warum gehe ich nicht ein verlängertes Wochenende ins Tessin. Genauer gesagt ins Val Onsernone. Im Tessin scheint ja immer die Sonne! Gesagt getan, Zimmer mit Hund gebucht und unsere Tochter würde auch noch eine Nacht vorbeischauen. Freude herrscht. Überraschenderweise war das Wetter gut am Donnerstag und fröhlich fuhren wir Richtung Wallis. Die Sonne schien auf die letzten Trauben und ihre bunten Blätter. Es war wunderschön. Weil meine Sommerreifen arg abgenutzt waren und es noch zu früh war für meine Spikes beschloss ich nicht über den Simplon zu fahren aber den Autoverlad mal zu probieren. Auf die Italienische Seite… regnete es. Kein Problem. Ich rechnete doch nicht damit dass es erst wieder mit regen aufhören wurde als ich mich am Sonntag am genau gleichen Ort einreihte -2 Autos zu spät=90 min wartezeit- um wieder auf den Zug zu fahren. Im Tessin??Dauerregen?? und unterdessen im Saanenland ( ich hätte es wissen können denn es war Topschau an dem Wochenende und dann ist das Wetter bekanntlich immer gut) schönstes Wetter. Ich lies mich die gute Laune nicht verderben mit Neid und Eifersucht, denn wie schön doch die Herbstfarben leuchten, wenn alles nass ist und die Nebel Schleier geben alles immer eine so schöne Tiefe. Das Val Onsernone war auch sicher nicht überlaufen bei dem Wetter… ist es das jemals?

Angekommen fast am Ende der herrlich kurvenreichen schmalen Strasse waren nur die seit jeher freilaufenden Geissen und Sirius und ich auf dem Dorfplatz. Die Ziegen liefen schnurstracks zum einzigen Restaurant im Dorf, und weil es hiess ich solle mich da bei Ankunft melden gingen wir zusammen.

Unser Zimmer im Palazzo Gamboni war wunderbar und märchenhaft, ich hatte das Gefühl in meine Wanderkleidung total underdressed oder mindestens falsch gekleidet zu sein. Leider besitze ich absolut keine Prinzessinnen Kleider weshalb ich dieses Gefühl bald losliess.

Beim Abendessen waren die Ziegen dann irgendwie doch nicht anwesend und wir alleine. Der Pesto war ein wahres fest und ich wollte die sehr freundliche Bedienung mein Lob aussprechen. Italienisch spreche ich nicht aber was kann daran so schwer sein… man bastelt einfach etwas… Ich fand delicato ein passendes Wort. (Duden: Delikat: wohlschmeckend, fein zubereitet. Delicoius, délicieux tönt doch wie…oder) die gute frau hat mich lang angeschaut und dann gut?gut? gerufen. Ich hoffe meine Mimik und mein nicken hat ihr überzeugt. Etwas verwirrt habe ich unter dem Tisch gegoogelt was ich gesagt habe und musste dann laut lachen. Ab dem moment habe ich aufgehört zu probieren, und wir haben ausser Buonasera und Buongiorno nur noch Englisch geredet.

Am nächsten Morgen beim Frühstück hat in die schöne historische Küche ein behagliches Feuer gebrannt, es wärmte den ganzen Flur, bis zu dem gemütlichen Hinterzimmer, in er ich wegen dem Hund und die canofobie der Frühstück-dame ‘verbannt’ war. Aus sicherer Distanz hat sie mir angeboten ein Sandwich zu machen was ich gerne angenommen habe, weil es so abgelegen nicht einfach ist was Essbares ein zu kaufen. Auf mein nachfragen gab sie mir wenig Hoffnung das der einzige Lift im Onsernone bei dem Wetter laufen wurde. Da ich aber nicht die steile Welt (Titel vom Buch von Stef Staufer dass mir das Onernone Tal nähergebracht hat) im Regen hoch krachseln wollte um dann nass verschwitzt im regen abkühlend mein Sandwich essen zu müssen bin ich trotzdem hingefahren, keine Autos… aber ein freundlicher Herr der- si si - rief und mir ein Ticket verkauft hat. Ich liebe so kleine Liftchen die man fast selber bedienen muss. Oben angekommen… war es neblig. Guten Mutes liefen wir los in Richtung See, wo man scheinbar bei gutem Wetter extrem schöne Aussicht hat. Kaum aus dem Lift sah ich vage etwas bewegen, weiss und dunkel, zuerst dachte ich es seien die Spiegel von Rehen oder so was. Dann eventuell Walliser Ziegen? Dann war schon wieder alles verschwunden. Etwas weiter zog de Nebel etwas auf und nicht weit von mir sassen grosse Vögel am Boden. Ich sagte noch zu Sirius das sein keine Krähen, ihm war das aber egal. Bis ich aber den Rucksack abgezogen hatte und Kamera und Fernglas dem Regen ausgesetzt habe, war alles vom Nebel verschluckt. Janu, wir laufen weiter. Noch etwas weiter wurde es dann klar, es waren Birkhähne, lauter Männer, und ziemlich unerschrocken. Immer wieder tauchte welche auf, und das war der Moment das ich wirklich etwas mit mein Regenschiksal haderte. Was für superschöne Bilder hätte ich schiessen können, wenn nicht alles so verschwommen gewesen wäre. ich glaube die hatte so rangeleien unter Männer, sehr fotogen. Aber… vielleicht hätten die uns nicht so nah ran gelassen, wenn sie uns klar gesehen hätten. Darum, erinnere ich mich lieber glücklich an die magische Stimmung mit diesen wunderbaren Vögeln so nah am Wegrand und mein sehr dick belegtes Sandwich das ich mit Sirius am Seeufer geteilt habe.  (der belegte Teil war dicker als das Brot, ich denke alle Resten von Frühstück waren darauf gelandet. No foodwaste!)

Als auch der letzten Naht von meiner doch nicht so wasserdichten Jacke durchliess und ich keinen trockenen Faden mehr am Leib hatte wurde es langsam kalt und sind wir an diese oben abgebildete wie eine Henne im Baum hockende Birkhahn vorbei zum Lift zurückgelaufen. Die fuhr sofort los als wir den Knopf gedrückt haben. Wie herrlich ist ein geheiztes Zimmer dann und am Abend eine warme Mahlzeit mit Kastanienkuchen. Das Personal fing langsam an das existieren der immer erwähnte Tochter zu glauben, so waren die erleichtert und ich einfach glücklich als ich sie dann am Bahnhof von Intragna abgeholt habe. Obwohl es ja immer noch regnete haben wir die uralten Bäder besucht, fotografiert, Hirsche gesehen und einfach gemütlich geredet und geschillt. Das Leben war in Ordnung, sehr sogar!

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Das Waldameisen -Projekt